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Schlaglicht
Asien-Krise – 20 Jahre danach

20 Jahre liegt die Asien-Krise nunmehr zurück. Sie traf damals vor allem Hongkong, Indonesien, Malaysia, Südkorea sowie Thailand und zwang die Länder, ihre feste Wechselkursbindung an den Dollar aufzugeben. Vor der Krise etwa kostete ein Dollar 25 thailändische Baht, danach bis zu 50. Für mehr als zehntausend Selbstmorde in Hongkong, Japan und Südkorea wurden die Folgen der Asien-Krise später verantwortlich gemacht.
Die Frage, ob die betroffenen Länder Lehren aus der seinerzeitigen Krise gezogen haben, lässt sich bejahen. Mit Ausnahme Hongkongs koppeln sie heute ihre Währungen nicht mehr hart an den Dollar, sondern lassen sie freier floaten. Schulden werden nicht mehr in fremder, sondern überwiegend in heimischer Währung aufgenommen. Und hohe Kapitalzuflüsse aus dem Ausland werden zu neutralisieren versucht, etwa indem die Notenbanken Währungsreserven ansammeln. Thailand hatte 1996 ein Leistungsbilanzdefizit von acht Prozent des BIP. 20 Jahre später konnte das Land einen Überschuss von elf Prozent aufweisen.
Aber schützen die aus der 1997er Krise gezogenen Lehren auch vor künftigem Stress? Immerhin hatte den damaligen Schlamassel auch keiner kommen sehen, zumal die asiatischen Länder davor durchaus mit hohen heimischen Sparquoten, wenig öffentlicher Verschuldung sowie Haushaltsüberschüssen aufwarten konnten. Aus der globalen Finanzkrise 2008 sind sie vergleichsweise glimpflich davon gekommen. Und als die Zinsen in den USA 2013 kurzfristig anzogen, galt nur Indonesien als gefährdet.
Analysen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, des Internationalen Währungsfonds, des Weltwirtschaftsforums u.a. legen allerdings zwei Schwachpunkte offen. Da ist zum einen die Verschuldung ausländischer Tochterunternehmen direkt im Ausland, die in keiner offiziellen Zahlungsbilanzstatistik auftaucht. Wenn sich aber die Finanzierungsbedingungen für solche Töchter verschlechtern, kann dies auch auf die Konditionen zuhause durchschlagen, weil dann die heimischen Kreditmärkte stärker angezapft werden müssen, was die Zinskosten hochtreibt. Mit anderen Worten: Flexible Wechselkurse und eine nur begrenzte Verschuldung im Ausland schützen nicht notwendigerweise vor einer Verschlechterung der globalen Finanzierungsverhältnisse. Dies gilt umso mehr, je internationaler der Unternehmenssektor eines Landes aufgestellt ist.
Zum anderen: Vor der Asien-Krise haben die betroffenen Länder sehr viel investiert. Weil die heimischen Ersparnisse dabei nicht zur Finanzierung ausgereicht haben, hat man sich zusätzlich stark im Ausland verschuldet. Nach der Krise wurden die Auslandsschulden dann abgebaut; dies passierte aber einseitig zulasten der Investitionen. Vor der Krise lagen die Investitionen von Hongkong, Indonesien, Malaysia, Südkorea und Thailand – die 2016 mit zusammen 7,4 Milliarden Euro übrigens vier Prozent aller deutschen Elektroexporte abnahmen – bei 40 Prozent des BIP. Heute sind es weniger als 30 Prozent. Sicher wurden in den Boom-Jahren vor der Krise auch so manche Investitionen in Prestigeprojekten versenkt, aber andere sinnvolle Investitionen fehlen eben heute auch. Thailands Infrastruktur zog seinerzeit neidische Blicke der gesamten Region auf sich. Inzwischen rangiert man hier hinter Mexiko. Der einstige fünfte Tiger ist jetzt der kranke Mann Asiens.
Schließlich sei noch gesagt, dass nicht alle Länder Leistungsbilanzüberschüsse haben können. Irgendwo braucht es Defizite, um sie auszugleichen.
Ihr Ansprechpartner:
Dr. Andreas Gontermann
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