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Editorial
Mehr Mut!

Unsere Unternehmen, ihre Technologien und Lösungen nehmen Einfluss auf alle Bereiche – von der Industrie, dem Gesundheitssektor über das Gebäude, von der Mobilität bis zur Energiewirtschaft. Und all diese Bereiche werden verbunden, durchdrungen und verändert durch das eine Megathema Digitalisierung. Das Gute: Im gerade abgeschlossenen Koalitionsvertrag werden alle unsere Themen behandelt – das Digitalisierungskapitel gehört sogar zu den seitenstärksten. Unsere Befürchtung: Schon der vorangegangenen großen Koalition mangelte es nicht an Erkenntnis. Der Mangel lag auf Seiten der Umsetzung. Das darf sich nicht wiederholen!
Denn Themen wie Künstliche Intelligenz, eHealth, Mensch-Maschine-Kollaboration, Smart Home und vieles mehr sind nicht ferne Science-Fiction, sondern schneller als wir denken Bestandteile der Alltagskulturen. Deshalb müssen wir uns jetzt mit ihnen auseinandersetzen und die Frage diskutieren, wie wir in der künftigen digitalen Welt leben wollen. Andere Länder machen vor, wie es gehen kann.
Blicken wir nach Estland, ein Land, das im Rahmen seiner EU-Ratspräsidentschaft gezeigt hat, wie die digitale Gesellschaft nicht eine Alternative, sondern in weiten Teilen selbstverständliche Normalität ist. Transparenz wird hier als essenzieller Teil des Datenschutzes verstanden, nicht als Hindernis. Gerade solche Aspekte der Digitalisierung müssen auch bei uns endlich behandelt werden. Das Versprechen der Großkoalitionäre, rechtsverbindlichen Anspruch auf schnelles Internet bis 2025 zu gewährleisten (also nach Ende dieser Legislaturperiode!) reicht nicht aus. Vielmehr müssen wir gesellschaftspolitisch Klarheit gewinnen, was wir mit den digitalen Optionen anfangen wollen.
Datenschutz brauchen wir, das steht außer Frage. Aber für Innovation und Digitalisierung braucht es einen Kompromiss zwischen Privatem und Regulierung, wenn wir das enorme Potenzial sowohl auf wirtschaftlicher wie auf gesellschaftlicher Ebene ausschöpfen wollen. Die neue Bundesregierung ist mehr gefordert, als es die 177-seitige Koalitionsvereinbarung zum Ausdruck bringt. Papier mag geduldig sein. Für die Politik darf das nicht mehr gelten. Mehr Mut täte ihr gut.
Ihr
Dr. Klaus Mittelbach
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