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Schlaglicht
Euroraum: Konjunkturelle Erholung, strukturelle Probleme
Die Wirtschaftsleistung im Euroraum ist im vergangenen Jahr um 1,6 Prozent gestiegen. Zwar hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognosen für dieses und nächstes Jahr jüngst etwas zurückgenommen, geht aber dennoch von Wachstumsraten von 1,5 und 1,6 Prozent aus. Das heißt: Die Konjunktur in der Eurozone erholt sich, wozu nicht zuletzt die niedrigen Zinsen, der schwächere Wechselkurs und das billigere Öl beitragen. Allerdings verlief die wirtschaftliche Erholung nach der Finanzkrise wesentlich langsamer als in den USA. Während die Vereinigten Staaten ihr Vorkrisenniveau bereits 2011 wieder erreichen konnten, wird das im Euroraum letztlich erst in diesem Jahr wieder der Fall sein.
Herauszustellen ist sicherlich auch, dass die Kapriolen am Kapitalmarkt seit einiger Zeit verebbt sind. Die allermeisten Länder des Währungsraums können sich also wieder günstig refinanzieren. Zu verdanken haben sie dies vor allem anderen der ultra-lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihrem bedingungslosen Versprechen, alles Notwendige zu tun, um die Eurozone zusammenzuhalten.
Vom Licht in den Schatten. Die Inflationsrate im Euroraum lag im vergangenen Jahr 2015 bei null Prozent. Im April 2016 war sie sogar um 0,2 Prozent rückläufig. Das bedeutet nun nicht, dass man sich bereits in der deflationären Abwärtsspirale befindet, die so sehr befürchtet wird. Aber die Gefahr ist eben auch nicht gebannt.
Die Arbeitslosenquote sinkt, allerdings nur langsam. Insgesamt liegt sie weiterhin bei über zehn Prozent. Dabei gibt es immens große Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern des gemeinschaftlichen Währungsraums. Während die Beschäftigung in Deutschland auf Rekordhöhe ist, kämpfen Spanien und Griechenland mit Arbeitslosenquoten von 20 bzw. 24 Prozent. Besonders schlimm ist die hohe Jugendarbeitslosigkeit.
Sorgen bereitet auch (wieder) der Bankensektor. Der IWF schätzt, dass sich die faulen Kredite in den Büchern europäischer Banken Ende 2014 auf eine Billion Euro beliefen. Vor allem italienische Banken sind stark betroffen. Zudem könnte auch die Zahl an Kreditinstituten insgesamt zu hoch sein. Entsprechend ist der Börsenwert europäischer Banken seit Beginn dieses Jahres um ein Viertel gesunken.
Die grundsätzlichen strukturellen Probleme, welche die Eurokrise vor wenigen Jahren losgetreten haben, sind weiterhin nicht gelöst. Gemeint sind die Tragfähigkeit der Schulden, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und der institutionelle Rahmen des gemeinsamen Währungsraums. Die EZB hat den Regierungen wieder und wieder Zeit erkauft, damit diese Reformen anschieben können. Diese Zeit wurde bislang nicht wirklich genutzt. Dass Portugal vom Reformkurs abrückt und Griechenland sowieso, Spanien derzeit unregierbar ist und Frankreich reformunwillig, macht es nicht eben leichter.
Ihr Ansprechpartner:
Dr. Andreas Gontermann
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