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Schlaglicht
Anleihe-Käufe der EZB: Riskante Wette
Diesen Monat beginnt die Europäische Zentralbank (EZB) ihr groß angelegtes Anleihekauf-Programm. Bis mindestens September 2016 wird sie – mit frisch gedrucktem Geld – monatlich vor allem Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro erwerben. Insgesamt läuft das auf ein Volumen von 1,14 Billionen Euro hinaus. Da die Käufe anteilig nach dem Eigenkapitalschlüssel der EZB erfolgen sollen, müssen 27 Prozent der anvisierten Summe (also rund 307 Milliarden Euro) auf den Ankauf von deutschen Bundesanleihen verwendet werden. Nur für 20 Prozent aller zu erwerbenden Anleihen ist eine Gemeinschaftshaftung vorgesehen, ansonsten werden die Staatsanleihen von den jeweiligen nationalen Notenbanken erworben, d.h. die Bundesbank kauft deutsche Anleihen, die französische Notenbank französische Anleihen usf. Griechische Papiere bleiben zunächst außen vor.
Ziel des Programms ist es,
- die langfristigen Zinsen zu drücken, um Zinslasten erträglicher zu machen und Investitionen zu befördern,
- für mehr Inflation zu sorgen, um Deflationsrisiken abzuwenden,
- die Gemeinschaftswährung zu schwächen, um die Exporte des Euroraums zu unterstützen,
- die Kreditvergabe zu stimulieren und die Preise von Vermögenswerten wie Aktien oder Immobilien zu steigern, um so gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu generieren,
und damit letztlich für mehr – oder überhaupt erstmal nennenswertes – Wachstum sowie weniger Arbeitslosigkeit zu sorgen.
Wie es nicht anders sein könnte, gibt es die unterschiedlichsten Bewertungen des Programms. Während man es an den Kapitalmärkten herbeigesehnt hat und angelsächsisch geprägte Ökonomen ihm meist aufgeschlossener gegenüberstehen, kommt vor allem aus Deutschland viel Kritik. Vorsicht ist auf jeden Fall angezeigt, denn schon in Bezug auf die genannten Ziele lässt sich einwerfen, dass
- die langfristigen Zinsen bereits historisch niedrig sind,
- die derzeit geringen Preissteigerungsraten vor allem auch mit dem stark gesunkenen Ölpreis zusammenhängen,
- eine Abwertung der eigenen Währung für andere Länder zwangsläufig mit einer Aufwertung einhergeht und deshalb Gegenreaktionen provozieren könnte,
- eine Ausweitung der Kreditvergabe vielfach nicht an mangelnden Finanzierungsmitteln, sondern an Bonitätszweifeln scheitert oder
- neue Blasen auf den Aktien- oder Immobilienmärkten entstehen – und platzen – könnten.
Kurz und knapp: Das Anleihekauf-Programm der EZB ist eine riskante Wette. Ob sie aufgeht, ist ungewiss. Die Euro-Krise zu lösen, bleibt Aufgabe der Regierungen – nicht der Notenbanken. Die EZB erkauft ihnen mit dem Programm ein weiteres Mal Zeit – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.
Ihr Ansprechpartner:
Dr. Andreas Gontermann
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