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Schlaglicht
Abenomics in Japan: Erfolge lassen auf sich warten
Mit seiner als Abenomics bezeichneten Wirtschaftspolitik setzt der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe alles daran, seinem Land nach etlichen Jahren der Flaute endlich wieder zu Wachstum zu verhelfen und die milde Deflation in eine Inflation zu drehen. Sein Konzept basiert auf drei Pfeilern – einer ultralockeren Geldpolitik, höheren investiven Staatsausgaben sowie Strukturreformen. Vor allem mit den ersten beiden Säulen wird bereits Ernst gemacht. Die japanische Notenbank flutet die Wirtschaft mit Geld, und es werden enorme Summen in Großprojekte wie den hunderte von Kilometern langen Bau von Tsunami-Schutzwällen entlang der Küste gesteckt, deren Sinnhaftigkeit nicht wenige Experten bezweifeln. Die Idee hinter Abenomics ist: Wenn die bedingungslose Verpflichtung auf eine äußerst expansive Wirtschaftspolitik erst einmal für eine Stimmungsaufhellung, Vertrauen und Zuversicht gesorgt und positive Erwartungen verankert hat, dann werden auch die Konsumausgaben der Verbraucher sowie die Investitionen der Unternehmen wieder spürbar anziehen und für das herbeigesehnte Wirtschaftswachstum sorgen.
So recht aufgegangen sind die ökonomischen Planspiele der Regierung bislang nicht. Im zweiten Quartal dieses Jahres ist Japans Sozialprodukt um 1,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal gesunken. Zwar dürfte der Rückgang vor allem auch eine Reaktion auf die seit April in Kraft getretene Mehrwertsteuererhöhung von fünf auf acht Prozent sein, die zu vorgezogenen Käufen im ersten Quartal geführt hatte, in dem die Wirtschaftsleistung entsprechend noch um 1,5 Prozent gestiegen war. Die Anhebung der Mehrwertsteuer ist notwendig, um den japanischen Staatshaushalt zu sanieren. Das Land ist mit mehr als 240 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts verschuldet – also etwa doppelt so hoch wie Italien! Für Oktober 2015 ist eigentlich eine zweite Stufe der Steuererhöhung geplant.
Gebremst wird die wirtschaftliche Entwicklung aber auch durch andere Faktoren. Trotz Starkmachens der Regierung für höhere Reallöhne sind diese im zweiten Vierteljahr um 3,2 Prozent gegenüber Vorjahr und damit so stark wie seit 18 Quartalen nicht mehr gesunken. Die gestiegene Mehrwertsteuer und eine leicht höhere Inflation haben Nominallohnerhöhungen wieder kassiert. Die Unternehmen nutzen das viele billige Geld der Zentralbank kaum für Investitionen, sie sitzen ohnehin auf riesigen Barmittelbeständen von etwa 1,6 Billionen Euro. Neue Fabriken bauen sie lieber im Ausland. Und der schwächere Yen – als ausdrücklich erwünschter Nebeneffekt der Geldschwemme – hat die Exporte des Landes nicht beflügeln können. Die traditionell überschüssige Handelsbilanz ist seit 2011 defizitär.
Japan ist hinter den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Exporte der deutschen Elektroindustrie in das Land beliefen sich 2013 auf 2,8 Milliarden Euro. Das sind 1,8 Prozent aller Branchenausfuhren. Der Anteil liegt nicht höher als vor zehn Jahren. Im weltweiten Abnehmer-Ranking findet sich Japan erst auf Platz 17, in Asien immerhin an zweiter Position. Weitaus größere Bedeutung hat das Land für die Elektroeinfuhren nach Deutschland und damit auch als Konkurrent. Mit 6,5 Milliarden Euro sind die Importe aus Japan mehr als doppelt so hoch wie die Elektroausfuhren dorthin. Weltweit ist das Land der viertgrößte Lieferant für den deutschen Elektromarkt. Allerdings waren die Elektroeinfuhren aus Japan vor zehn Jahren mit 9,9 Milliarden Euro noch wesentlich höher als heute.
Zurück zu Abenomics. Expansive Geld- und Fiskalpolitik stoßen irgendwann unweigerlich an Grenzen. Entsprechend kommt es vor allem auf den dritten Pfeiler an, nämlich die strukturellen angebotsseitigen Reformen. Hier ist es bisher mehr oder weniger bei Absichtserklärungen geblieben. Immerhin rechnet der Internationale Währungsfonds für dieses und nächstes Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 1,6 und 1,1 Prozent. Und der Elektromarkt des Landes sollte dem jüngsten Ausblick des ZVEI zufolge um 4,0 und 2,0 Prozent zulegen.
Ihr Ansprechpartner:
Dr. Andreas Gontermann
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