auf den Punkt.
Nr. 4 2017
Editorial
ZVEI-Jahreskongress 2017: Den Dialog führen

Zwei Tage voller Information rund um die schnell voranschreitende Digitalisierung und Vernetzung mit 20 hochkarätigen Rednern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft und 700 begeisterten Teilnehmerinnen und Teilnehmern: Der ZVEI-Jahreskongress 2017 hat erneut ein starkes Zeichen in Berlin gesetzt und gezeigt, dass die Elektroindustrie eine Schlüsselbranche des digitalen Wandels ist.

Die wichtigste Veranstaltung der deutschen Elektroindustrie, die in diesem Jahr unter dem Titel „Mensch. Maschine. Miteinander. Leben in der digitalen Welt“. stattfand, verdeutlichte, dass die Digitalisierung nicht nur eine technische Herausforderung ist, sondern immer mehr eine gesellschaftliche und kommunikative. Die Chancen des digitalen Wandels sind groß, die konkreten Auswirkungen auf das Leben von jedem Einzelnen weitreichend. Beides muss besser als bisher erklärt werden. Der Kongress befasste sich deshalb unter anderem mit den beiden Themen „Smart Living“ und „Personalisierter Gesundheitsversorgung durch Big Data“. Nirgendwo anders zeigen sich die Möglichkeiten der Digitalisierung so unmittelbar wie im eigenen Zuhause und in der medizinischen Betreuung. Dass hierbei Fragen, mitunter auch Sorgen aufkommen, ist naheliegend. Sie sind ernst zu nehmen und lassen sich nur im Dialog mit der Politik und den gesellschaftlichen Kräften klären.

Deshalb ist es gut, dass wir mit den beiden Bundesministerinnen Wanka und Zypries diskutieren konnten. In ihren Keynotes machten beide deutlich, wie sich die Bundesregierung mit der Digitalisierung auseinandersetzt. Die Forschungsministerin betonte die Bedeutung von digitaler Bildung und forderte mehr Elektrotechnikerinnen. Dass sich der Nachwuchs durchaus für die spannenden Themen der Elektroindustrie begeistert, zeigten verschiedene Start-ups im Ausstellungsbereich und die große Anzahl von Teilnehmern an der Studierendeninitiative. Die Wirtschaftsministerin fokussierte auf Innovationen als Voraussetzung zur Standortsicherung. Sie kündigte steuerliche Erleichterungen bei F&E-Aufwendungen für Unternehmen an – eine Forderung, für die sich der ZVEI stark macht. Die Einführung der Forschungsförderung noch in dieser Legislaturperiode hätte zwei Vorteile. Zum einen erhielten die Innovationsleistungen insbesondere des Mittelstands sofort die notwendige Unterstützung. Zum anderen könnte die Politik zeigen, dass auch sie „4.0-fähig“ ist, denn Tempo ist im digitalen Zeitalter ein immer wichtigerer Faktor.

Dass der Mensch auch in der digitalen Welt weder von Robotern noch von Künstlicher Intelligenz an die Seite gedrückt wird, zeigte der Auftritt von „Pepper“ am Ende des Kongresses. Die Begrüßung des Publikums sorgte zwar für begeistertes Erstaunen, aber bald danach verschlug es dem Androiden anders als Moderator Jo Schück die Sprache. Das ist schlecht, wenn es um Dialog geht, weshalb sich der ZVEI weiter dieser wichtigen Aufgabe stellen wird.


Ihr

Dr. Klaus Mittelbach
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ZVEI aktiv
Sind wir fit für Smart Living?

Wie fit Gesellschaft und Industrie für Smart Living sind, diskutierten auf dem diesjährigen ZVEI-Jahreskongress Hans-Georg Krabbe, Vorstandsvorsitzender von ABB, Dr. Ing. Jonas Danzeisen, Geschäftsführer von Venios und Nicole Huffer, Vertrieb- und Marketing-Vorstand des neu gegründeten Unternehmens Frogblue.

Einig waren sich die drei Unternehmensvertreter, dass in vielen Lebensbereichen intelligentes Wohnen schon Realität ist. Doch sie betonten auch, dass für die Erfolgsgeschichte von Smart Living in Deutschland noch Handlungsbedarf besteht. Dabei ging es den Podiumsteilnehmern um Interoperabilität, die Kompatibilität der Systeme untereinander, individuell auf den Nutzer zugeschnittene Services, eine einfache Bedienbarkeit und nicht zuletzt um die Datensicherheit. Richtschnur sei dabei immer der Mensch mit seinen Erwartungen an ein vernetztes Zuhause.

Gemeinsam mit Unternehmen und anderen Verbänden hat der ZVEI im März 2017 die „Initiative Smart Living“ mit der Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ins Leben gerufen. Mit dieser unabhängigen Plattform soll die Technologie fortentwickelt werden und den Nutzern die Zukunftsfähigkeit von Smart-Home-Anwendungen erklärt werden. Besucher des ZVEI-Jahreskongresses konnten sich vom Smart Home direkt vor Ort überzeugen lassen: Im Eingangsbereich des Tempodroms veranschaulichte ein ZVEI-Exponat das Zusammenspiel verschiedener Gewerke und Services.


Ihre Ansprechpartnerin:
Karen Baumgarten

Mehr Informationen zur Wirtschaftsinitiative Smart Living
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Die Globalisierung geht weiter

Deutschlands Wirtschaft ist exportstark, gerade die Elektroindustrie. 2016 lagen die Ausfuhren einschließlich Re-Exporte bei über 182 Milliarden Euro. Die USA waren mit über 16 Milliarden Euro das zweitwichtigste Abnehmerland nach China. Folglich sehen viele Unternehmen mit Sorge auf die Wirtschaftspolitik der US-Regierung mit ihrer „America-First“-Politik. Noch sind Abschottung und Zollschranken zwar vor allem Drohgebärden. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Weltwirtschaft auf das Ende des Freihandels und das Wiederaufleben des Wirtschaftsnationalismus zusteuert.

Auf dem ZVEI-Jahreskongress diskutierten hierüber Prof. Dr. Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI sowie Vorsitzender der Wirtschaftsweisen, und Frank Stührenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung von Phoenix Contact. Beide waren sich einig, dass die deutsche Industrie auf dem Weltmarkt aufgrund ihrer hervorragenden Produkte gut aufgestellt sei und für Pessimismus kein Grund bestünde. Schmidt verwies auf China, dessen Wirtschaft künftig eine noch wichtigere Bedeutung einnehmen werde. Und Stührenberg betonte, dass gerade die mittelständischen Unternehmen der Elektroindustrie in der Vergangenheit immer einen Weg gefunden hätten, um international Handel zu treiben. Wo ein Wille sei, da sei auch ein Weg; die Globalisierung ließe sich so schnell nicht aufhalten.

Unterstützung fanden beide bei ZVEI-Präsident Michael Ziesemer. Nicht Abschottung und Zollschranken, sondern mehr Integration sei jetzt mit Blick auf Europa das Gebot der Stunde. „Europa ist unser Heimatkontinent. Es ist deshalb wichtig, den wirtschaftspolitischen Herausforderungen durch Trumponomics und Brexit mit einem gestärkten und geeinten Europa zu begegnen.“


Ihre Ansprechpartnerin:
Nina Klimpel

Mehr zum Thema „Märkte & Recht" im ZVEI
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„Richtig eingesetzt, werden Daten, Vernetzung und Digitalisierung die Medizin verändern.“

Welche Auswirkungen hat der digitale Wandel auf die Gesundheitswirtschaft? Diese Frage stand im Mittelpunkt von Keynote und Podiumsdiskussion zum Thema „Dr. Computer: Mit Big Data zur personalisierten Gesundheitswirtschaft?“. In seinem Vortrag erläuterte Christian O. Erbe, Mitglied des ZVEI-Vorstands und Geschäftsführer von Erbe Elektromedizin, was personalisierte Medizin für den Patienten bedeutet. Daten spielten dabei eine entscheidende Rolle: So machte es die Nutzung großer Datenmengen möglich, für jeden Einzelnen die individuell passende Therapie zu finden. Daten könnten aber auch vom Patienten selbst erzeugt und genutzt werden, zum Beispiel durch vernetzte Geräte zu Hause und durch Apps. „Gesundheitsversorgung wird auch weiterhin viel in Arztpraxen und Krankenhäusern stattfinden – aber nicht mehr ausschließlich dort“, betonte Erbe. Um die Daten im Sinne des Patienten einsetzen zu können, müssten diese aber nutzbar sein und dürften nicht nach dem Prinzip der Datensparsamkeit zurückgehalten werden. „Richtig eingesetzt, werden Daten, Vernetzung und Digitalisierung die Medizin verändern und damit dem Menschen nutzen.“

Wie Daten verantwortungsvoll genutzt werden können, war auch Thema der anschließenden Podiumsdiskussion. Dr. Jutta Fritz, CBO von NEO New Oncology, erklärte anschaulich, wie Big-Data-Auswertungen die Krebstherapie verbessern kann. Sie ist überzeugt: „Die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten. Datenschutz und Datensicherheit sind hier entscheidende Themen“.

Diesen Standpunkt teilte auch Christian Klose, Chief Digital Officer der AOK Nordost. Er gab aber zu bedenken: „Datenschutz kann auch ein Wettbewerbsvorteil sein“. Er darf aber kein Totschlagargument für Innovation sein. Damit der Patient Vertrauen in den Umgang mit Daten in der Gesundheitswirtschaft habe, müsse dafür Sorge getragen werden, dass die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, Daten weiterzugeben oder sich dagegen zu entscheiden, verlässlich geschützt werden.


Ihre Ansprechpartnerin:
Stella Loock

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100 Jahre ZVEI: Die Elektroindustrie - Innovation für Menschen

Interview-Reihe: „Drei Fragen und ein Lieblings-Gadget.“

Folge 1: Präsident Michael Ziesemer


Präsident Ziesemer, von ‚100 Jahren Innovation für Menschen‘ spricht der ZVEI mit Blick auf seinen 100. Geburtstag am 5. März 2018. Warum?

In den vergangenen 100 Jahren hat sich das Leben der Menschen in nahezu allen Bereichen stark verändert und die Elektroindustrie hat dazu maßgeblich beigetragen. Ab den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts setzen sich Kühl- und Gefriergeräte durch, ab den vierziger Jahren dann auch Waschmaschinen. Das Leben der Menschen ist dadurch enorm erleichtert worden. Viele weitere Innovationen folgten, die wir heute nicht mehr missen möchten. Blicken wir retrospektiv auf die vergangenen 100 Jahre, können wir auch von einer Elektrifizierung der Welt sprechen. Strom ist unser wichtigster Energieträger und wird es auch bleiben – dank der erneuerbaren Energien sogar klimaneutral. Das ist eine Riesen-Innovation. Ohne solchen technischen Fortschritt ließen sich die weltweiten Klimaziele nicht umsetzen. Die Elektroindustrie leistet somit einen wichtigen Beitrag, eine der drängendsten Herausforderungen anzunehmen.

Technischer Fortschritt hat das Leben der Menschen unbestritten leichter und komfortabler gemacht. Aber es gibt natürlich auch Kehrseiten...
Es stimmt, technischer Fortschritt kann Nutzen stiften, aber auch Schaden anrichten, das hat die Geschichte leider oft genug gezeigt. Deshalb sieht der ZVEI in Technologien niemals einen Selbstzweck. Ihre Bedeutung ist entscheidend. Ob sie den Menschen mehr Sicherheit und Komfort bieten oder vielleicht sogar Leben retten wie die Technologien aus der Elektromedizin. Ohne sie ist eine moderne Gesundheitsversorgung nicht vorstellbar. Jetzt steht der nächste technologische Sprung an: die datenbasierte, personalisierte Gesundheitsversorgung. Auch hierin liegt eine Riesen-Innovation. Voraussetzung ist jedoch, dass wir hierzu gesellschaftliche und – im Gesundheitswesen – natürlich die individuelle Zustimmung des Patienten erhalten.


Digitalisierung und Vernetzung führen zum nächsten großen industriellen Entwicklungssprung. Was kommt auf uns zu?
Tatsächlich befinden wir uns inmitten eines gewaltigen Veränderungsprozesses, der sich in hohem Tempo vollzieht. Ich bin sicher, dass die Digitalisierung – wie wir sie heute erleben – im Geschichtsunterricht in 50 oder 100 Jahren denselben Stellenwert einnehmen wird, wie die erste industrielle Revolution im 19. Jahrhundert. Sie stellt eine Zäsur dar, nicht nur auf industrieller Ebene. Denn sie durchdringt unser Leben gesamthaft. Deshalb ist es wichtig, dass wir eine breite gesellschaftliche Diskussion über das ‚Leben in der digitalen Welt‘ entfachen. Wie gesagt: Technologien brauchen Zustimmung, verdienen Vertrauen und keine Verordnung von oben.

Auf welche Innovation möchten Sie persönlich nicht verzichten, hat Ihr Leben am meisten beeinflusst?
Mit Radio, Fernseher und Telefon bin ich aufgewachsen und komme auch heute nicht ohne sie aus. Das Smartphone ist nicht nur fürs Telefonieren und die E-Mail-Korrespondenz unverzichtbar, sondern stellt auch das gesamte Internetwissen bereit. Aber ich denke auch an die deutsche Industrie: Sie rüstet die Fabriken und Anlagen der Welt aus. Nichts hat mehr Arbeitsplätze hierzulande geschaffen. Wo wären wir ohne Steuerungen, Sensoren und Messgeräte, Antriebstechnik, Schaltgeräte und Übertragungstechnik der deutschen Elektroindustrie?


Ihr Ansprechpartner:
Thorsten Meier

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Impressionen vom ZVEI-Jahreskongress 2017

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